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Pflege zum Leben: Die Pflege-Kampagne des SoVD Schleswig-Holstein 2022

24.06.2022

In Schleswig-Holstein erhalten rund 110.000 Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung. Mit steigender Tendenz. Gleichzeitig erfahren wir im Rahmen unserer Sozialberatung immer wieder, wie extrem das ganze System auf Kante genäht ist. Mit unserer neuen Kampagne „Pflege zum Leben“ möchten wir auf die größten Missstände aufmerksam machen.

Sind Sie durch eine Zeitungsanzeige oder unseren Radio-Spot auf die Kampagne „Pflege zum Leben“ aufmerksam geworden? Dann ist die Chance groß, dass Sie persönlich zwar nicht pflegebedürftig sind – dafür aber jemanden aus der eigenen Familie zu Hause betreuen.

In der gesetzlichen Pflegeversicherung liegt vieles im Argen. Ausufernde Heimbeiträge, Personalmangel und schlechte Bezahlung sowie Schwierigkeiten, den korrekten Pflegegrad zu bekommen. Ganz besonders schlimm ist jedoch die Situation von pflegenden Angehörigen. Denn wer Mutter, Vater oder den Ehepartner selbst pflegt, steht finanziell ganz schlecht da. Teilweise auf „Hartz IV“.

Darum fordern wir:

Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige

Bis zu fünf Millionen Menschen in Deutschland sind in die ambulante Pflege von Angehörigen involviert. Sie ermöglichen es tagtäglich, dass Menschen zu Hause unterstützt und gepflegt werden können. Dass sie in ihrem vertrauten Lebensumfeld verbleiben können und ihre Selbständigkeit möglichst lange erhalten bleibt.

Für sie alle gilt aber auch, dass sie für ihren persönlichen Einsatz ein erhöhtes Armutsrisiko jetzt und auch in Zukunft in Kauf nehmen. Wer für die Pflege von Angehörigen im Beruf kürzer tritt oder sogar ganz aussteigt, verzichtet auf Einkommen, persönliche Entfaltungs- und Karrieremöglichkeiten. Für alle diese Menschen muss, analog zum Elterngeld, eine Lohnersatzleistung eingeführt werden, die sowohl hinsichtlich des Einkommens als auch der Rentenbeiträge dieses Risiko kompensiert.

Die zarten und temporären Ansätze des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes reichen bei weitem nicht aus. Der Koalitionsvertrag im Bund sieht zwar die Möglichkeit einer solchen Lohnersatzleistung vor, eine konkrete Umsetzungsperspektive und Details zur Ausgestaltung sind jedoch nicht ersichtlich.

Neben der finanziellen Kompensation benötigen pflegende Angehörige dringend auch Entlastung vom anstrengenden Pflegealltag. Hierfür müssen die Anstrengungen zu einem Ausbau der Kurzzeit- und Verhinderungspflege dringend verstärkt werden. Gleichzeitig müssen pflegende Angehörige durch Beratungsleistungen, Coaching und flexible Hilfen im Alltag unterstützt werden.

Der SoVD fordert deswegen:

Darüber hinaus freuen wir uns, wenn Sie diese Petition „Pflegende Angehörige fordern Lohnersatzleistung“ online unterstützen.

Pflegeversicherung zur Vollversicherung für alle ausbauen!

Die Pflegeversicherung kann die tatsächlich anfallenden Kosten schon lange nicht mehr abdecken, immer weiter steigende Eigenanteile für die Versicherten sind die Folge. Gleichzeitig leisten wir uns in Deutschland ein unsolidarisches Zwei-Klassen-System mit privater und gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung.

Der Umbau des bestehenden Versicherungssystems hin zu einer Bürgerversicherung geht nicht von heute auf morgen, muss aber endlich angegangen werden! Das würde bedeuten, dass auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung einzahlen würden. Obwohl die Finanzierungslücke seit Langem bekannt ist, stellt die Ampel-Koalition leider nichts weiter als eine Prüfung der Möglichkeit zur Einführung einer Pflegevollversicherung in Aussicht. Der Prüfauftrag sieht außerdem lediglich eine freiwillige Versicherung vor.

Das wird zur Folge haben, dass Menschen mit hohen Einkommen sich aus der Solidargemeinschaft verabschieden können und Menschen mit kleinen Einkommen auf das Einzahlen in eine solche Versicherung verzichten dürften, weil sie das Geld zur Sicherung der aktuellen Lebensführung benötigen. Wir sind der Ansicht, dass die Bundesregierung hier ihrer Verantwortung nicht gerecht wird. Nur eine Bürgerversicherung, die Krankheit und Pflegerisiko umfassend absichert und in die alle Gesellschaftsgruppen gleichermaßen einzahlen, ist gerecht und muss bezahlbar sein!
 

Der SoVD fordert deswegen:

Kommunale Verantwortung stärken!

In Zeiten knapper Kassen und gesetzlich vorgeschriebenem Sparzwang haben sich viele Kommunen aus der Pflege weitgehend zurückgezogen. Die Privatisierung von Pflegeeinrichtungen, die Klassifizierung nach Pflegegraden und letztlich die reine Fixierung auf die Rendite bei der Führung von Einrichtungen haben Pflegeleistungen zu einer Ware gemacht, die verkauft und gehandelt wird.

Gesundheits- und Pflegeleistungen sind aber keine Ware wie jede andere. Allein schon deshalb, weil fundamentale Marktmechanismen hier gar nicht greifen. Menschenwürdige Pflege, deren Beurteilung sich am Grad der gesellschaftlichen Wohlstandentwicklung messen lassen muss, ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und keine, die allein dem Markt überlassen werden darf.

Die Kommunen müssen hierbei ihre Steuerungsverantwortung für die Daseinsvorsorge der Menschen endlich wieder ernster nehmen. In einer alternden Gesellschaft müssen Wohn- und Pflegebedarfe der Bevölkerung berücksichtigt und geplant werden. Kommunaler Wohnungsbau unter den Vorgaben der Barrierefreiheit und kommunale Bedarfsplanung in der Pflege sind hierbei die Schlüssel. Es muss ein fundamentales Umdenken und eine Abkehr von der Renditeorientierung stattfinden, um vor Ort Pflege- und Wohnlösungen sicherzustellen.

Der SoVD fordert deswegen:

Gute Pflege kostet Geld

Der Ausbau zu einer Pflege-Vollversicherung bleibt das Ziel. Solange dies aber nicht erreicht ist, müssen zur Schließung der aktuellen Finanzierungslücke mehr Steuermittel in die Finanzierung der Pflege fließen. Aber auch hier will die Ampel-Koalition vor allem „beobachten und prüfen“. Sie scheut sich davor, die offenkundige und strukturelle Unterfinanzierung zu konstatieren und zu beheben. Dabei ist beispielsweise allein der Zuzahlungsbetrag für stationäre Pflegeheime im letzten Jahr um 111 Euro auf 2179 Euro gestiegen.

Zwar wurde die Ausbildung in der Alten- und Krankenpflege zusammengelegt, die Verdienstmöglichkeiten unterscheiden sich aber immer noch gravierend und sind in beiden Feldern gemessen an der gesellschaftlichen Bedeutung und auch der Arbeitsbelastung noch deutlich zu niedrig.

Damit entsprechende Verbesserungen in Tarifverhandlungen erreicht werden können, damit die Arbeitsbelastung für Pflegekräfte gesenkt werden kann – und damit die Attraktivität des Pflegeberufs im Hinblick auf den weiter steigenden Bedarf gesteigert werden kann, muss das Pflegesystem mit zusätzlichen Mitteln gestärkt werden.

Die Einführung von neuen verbindlichen Personaluntergrenzen, wie sie die Ampelkoalition vorsieht, ist sinnvoll und richtig. Den strukturellen Mangel an Pflegekräften wird sie aber nicht beseitigen. Wir fordern deshalb von Bundes- und Landespolitik, sich ehrlich zu machen und die Finanzierung der Pflege nachhaltig durch einen Finanzzuschuss zu verbessern. So wird es im Übrigen auch in anderen europäischen Ländern gemacht, die meist auch deutlich mehr Geld für die Pflege ausgeben. Während es in Deutschland nur etwa 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts sind, geben Länder wie die Niederlande und die skandinavischen Länder alle deutlich mehr als 2 % der jährlichen Wirtschaftsleistung für die Pflege älterer Menschen aus. Menschenwürdige und menschliche Pflege kostet Geld und dieses Geld muss in die Hand genommen werden.

Der SoVD fordert deswegen:

Unsere Kampagne in den Medien

Printanzeige

Sie haben Fragen zu unserer Kampagne? Dann wenden Sie sich gern an:

Dr. Thorsten Harbeke
Telefon: 0431 / 65 95 94 – 24
Mail: sozialpolitik(at)sovd-sh.de
oder
Christian Schultz
Telefon: 0431 / 65 95 94 – 22
Mail: sozialpolitik(at)sovd-sh.de

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